Ex Ronnie Peterson

1976 Lotus 77 John Player Special

Movie-Cars

Motorengröße

2993cm³

(183cuin)

Unique Cars

Leistung

485PS

(357KW)

Racing-Cars

Getriebe

Manuell

Racing-Cars

Preis

gegen Gebot

Technische Daten

Fahrzeugtyp
Formel 1
Motorentyp
Ford-Cosworth DFV V8, 90°
Zylinder
8
Fahrgestell-Nr.
77/2 (JPS12)
Wagenfarbe
schwarz
Interiorfarbe
schwarz

Interne Nummer #208

Beschreibung

Lotus 77 / John Player Special Mark II


Saison 1976


Chassis 77/2  JPS 12


Nach dem missglückten Versuch mit dem Lotus 76 und einem verlorenen Jahr mit dem in die Jahre gekommenen 72 ist Colin Chapman vorerst nicht mehr nach Experimenten. Das neue und zweite in der Ära John Player Special gebaute Auto ist eine eher konventionelle Konstruktion. Revolutionär ist nur die Teamstruktur: Unter Peter Warr ist nicht mehr ein Designer hauptverantwortlich für alle Komponenten, mit Martin Ogilvie, Mike Cook und Geoff Aldridge sind gleich drei Männer mit dem neuen Auto beschäftigt. Ralph Bellamy, der den glücklosen 76 entworfen hat, soll sich um ein grundsätzlicheres Thema kümmern: Colin Chapman ist seit Jahren unzufrieden mit den kurzen Lebenszeiten der Hewland-Getriebe. Er hat eigene Ideen, und die soll Bellamy umsetzen.


Chapman treibt noch ein anderes Problem um: Solange die Industrie Reifen lieferte, die auf die Lotus-Renner zugeschnitten waren, haben die Autos gut funktioniert, jetzt, wo Lotus seine Autos auf die zur Verfügung stehenden Reifen zuschneiden muss, ist der Wurm drin. Eine weitere entscheidende Veränderung der letzten Jahre sind die Rennstrecken, die sich von mehr oder weniger natürlichen Straßenkursen, zu meist kurzen Rundkursen gewandelt haben, was sie nicht zwangsläufig langsamer macht, sondern wie im Fall Silverstone sogar deutlich schneller. Eines der wichtigsten Wörter, die Chapman dem Typ 77 ins Lastenheft schreibt ist: Anpassungsfähigkeit. So ist der Radstand auf engen, kurvigen Strecken bis zu zehn Zentimeter kürzer als auf Kursen mit langgezogenen Kurven.


 Cosworth-Motor und Fünfganggetriebe sind bekannte Größen, aber das Chassis ist komplett neu, gleiches gilt für das Fahrwerk. Die Ära der innen liegenden Bremsscheiben ist passé, der 77 trägt mächtige Bremsscheiben, die von zwei Bremszangen pro Rad verzögert werden, gefertigt aus leichtem Magnesium von der Firma Lockheed, die ihr Alltagsgeschäft mit Kampfflugzeugen bestreitet.


 Die ersten Tests sind ernüchternd. So durchdacht und im Detail ausgefeilt der Lotus auch scheint, er ist nicht schnell genug. Die mächtigen Bremsen arbeiten vorzüglich, sind aber fast unterfordert, weil es dem Auto an Topspeed fehlt. Die große Verstellbarkeit des Fahrwerks mündet in einen Mangel an Steifigkeit. Und dann ist da das Problem mit der Zuverlässigkeit: Schon im ersten Training zum ersten Rennen in Brasilien landet Ronnie Peterson in den Planken, nachdem Kühlflüssigkeit aus einem abgerissenen Schlauch auf ein Hinterrad gespritzt war. Nach einer Nachtschicht haben die Mechaniker das Auto wieder hergestellt, aber dann versagt die Lenkung von JPS 12.


Es ist ein besonderes Chassis, das genauso gut B&G1 heißen könnte, denn es ist der Startpunkt der Black & Gold-Sammlung, das Mike Gensemeyer fand und ChromeCars-Gründer Kai Nieklauson 2020 erwarb. Genau dieses Auto markiert nicht nur den Auftakt der Saison mit dem legendären Schweden Peterson, sondern auch dessen Ende bei Lotus. Im Rennen von den enttäuschenden Plätzen 16 und 18 gestartet, kollidieren die beiden schwarzgoldenen Renner von Peterson und seinem neuen Teamkollegen Mario Andretti. Es ist ein Deja Vu für Peterson, und erinnert fatal an einen identischen Vorfall vor zwei Jahren mit dem Typ 76. Peterson hat genug. Schon im Vorjahr haben die Budgetkürzungen durch John Player Special und das Tauziehen um den erfolgreichsten Rennfahrer der schwedischen Geschichte mit dem Team Shadow das Verhältnis zu Colin Chapman belastet, jetzt nimmt der „Super-Schwede“ seinen Hut. Er weiß nicht, dass er bei seinem neuen Arbeitgeber March vom Regen in die Traufe gerät und ein Jahr später zu Lotus zurückkehren wird. Auch Andretti ergreift alsbald die Flucht und kehrt zurück zum Team von Parnelli Jones, das ihm einst die Steigbügel für die Formel 1 hielt.


Mit Petersons talentierten, aber im Grand-Prix-Geschäft unerfahrenen Landsmann Gunnar Nielson und dem ebenfalls unbeschriebenen Blatt Bob Evans muss Lotus die Saison fortsetzen. Der frisch gebackene britische Formel-3-Meister Nielson plagt sich mit Vorderreifen, die einfach nicht auf Temperatur kommen wollen, ein Phänomen, das anfangs schon beim Lotus 72 aufgetreten ist. Designer Len Terry entwickelt hastig eine neue Vorderrad-Aufhängung.


Der Knoten platzt beim siebten Rennen in Schweden. Von den insgesamt vier Chassis, die Lotus vom Typ 77 auf Kiel gelegt hat, ist gerade das dritte fertiggestellt. Eigentlich wäre es der Nomenklatur nach JPS 13 gewesen, aber aus Aberglaube hat Chapman das Auto JPS14 getauft, was zunächst nichts nützt: Auf dem neuen Kurs in Anderstorp wird das Auto nach einem Testunfall schwer in Mitleidenschaft gezogen.


Aber so langsam wendet sich nach anderthalb Jahren voller Nackenschläge das Blatt. Weil Parnelli Jones sein Formel-1-Engagement überraschend beendet hat, ist Mario Andretti zurückgekehrt. Die Abstimmungsarbeit des Amerikaners gilt als einer der Schlüsselfaktoren, die aus dem Typ 77 doch noch ein Siegerauto machen. Andretti führt in Schweden bis Runde 45, bis der Motor hochgeht. 


Ein weiterer Faktor ist Neuzugang Tony Southgate, der schlachterprobt durch seine Arbeit bei den Teams Eagle, BRM und Shadow als neuer Chefingenieur und Krisenmanager bei Lotus andockt. Zusammen mit Technikdirektor Tony Rudd, der den Kontakt hergestellt hat, entwickelt er einen Lastenprüfstand und findet heraus, dass Stabilität und Steifigkeit eines Chassis nicht das Gleiche sind. Der 77 ist ein äußerst stabiles Auto, aber eben nicht steif genug. Die Saison 1976 ist nicht mehr wirklich zu retten, aber Rudds und Southgates Erkenntnisse werden in einen neuen Lotus einfließen, der Typ 78 wird als erstes Wing Car den Rennsport revolutionieren und mit Pauken, Trompeten und acht Siegen die WM 1977 gewinnen.


Aber das Zeitalter des Ground Effects beginnt schon mit dem Typ 77. Der begeisterte Flieger Chapman hat bereits 1975 ein 27 Seiten langes Papier mit grundsätzlichen Überlegungen zum Thema Aerodynamik niedergeschrieben. Er hat den Landsitz Ketteringham Hall gekauft – passenderweise im zweiten Weltkrieg ein Hauptquartier der US-Airforce – um dort ein Entwicklungszentrum aufzubauen. Windkanäle sind in der Formel 1 damals noch Science Fiction. Mit dem gelernten Luftfahrtingenieur Peter Wright holt Chapman einen Fachmann an Bord, um schrittweise die offenen Fragen zu beantworten.


Vom 77 existieren sechs verschiedene Spezifikationen, angefangen über die zweiteilige Airbox hinter dem Überrollbügel, über den in der Nase platzierten Ölkühler bis zu Gummilippen an den im Lauf der Saison verlängerten Seitenkästen. Die ersten Schürzen im Formel-1-Geschäft sollen verhindern, dass seitlich Luft unter das Auto strömt. Der durch die beschleunigte Luft unter dem Auto erzeugte Unterdruck generiert Abtrieb und ermöglicht spürbar höhere Kurvengeschwindigkeiten ohne erhöhten Luftwiderstand, wie ihn Flügel erzeugen. Die Gummilippen werden später durch Bürsten ersetzt, die sich auf Bodenwellen und Curbs besser dem Untergrund anpassen und weniger Schaden nehmen.


Eine extrem kleine und leichte Batterie, ein verstellbarer Stabilisator an der Hinterachse und ein verkürzter Radstand sind weitere Fortschritte am 77. Beim Finale im japanischen Fuji fahren James Hunt und der nach seinem Feuerunfall genesene Niki Lauda um den Titel, und in dem legendären Zweikampf des kühlen Analytikers aus Österreich und dem impulsiven Lebemann aus England, den Lauda im strömenden Regen am Mount Fuji mit einem freiwilligen Rückzug an die Box vorzeitig beendet, geht ein bisschen unter, dass weder McLaren noch Ferrari eine Rolle spielen. Es ist Mario Andretti, der einen mittlerweile gut aussortierten Lotus 77 auf die Pole Position stellt, sich das Rennen klug einteilt und mit einer Runde Vorsprung vor dem zweitplatzierten Patrick Depailler im Tyrrell gewinnt. Lotus ist zurück.


1976 ist dem Typ 77 nur ein Sieg vergönnt, aber bei ChromeCars Racing macht er eine zweite Karriere. Lotus 77/2 wird nach einiger Abstimmungsarbeit 2021 zwei Mal Zweiter in Donington und gewinnt in Zandvoort beide Rennen in der Kategorie Ground Effect Cars. Ohne die nach unverschuldeter Kollision mit Jean Alesi im Ferrari verhängte Zeitstrafe, wäre der 77 mit Marco Werner am Steuer 2022 zum Monaco-Sieg gefahren. Das erste Auto der Black & Gold-Sammlung ist nach einhelliger Meinung des Teams auch das unkomplizierteste im Umgang.